o
w
TechTalk: Augmented Reality
TechTalk: Künstliche Intelligenz
TechTalk: Chatbots

THE GATE – Ein Bericht von der Baustelle

Rückblick: Frühjahr 2021

Dunkel wird es und gemütlich, als wir im Konferenzraum des 25h Hotels in der HafenCity die schweren Vorhänge zuziehen. Der laue Frühlingsabend wird ausgesperrt, denn wir brauchen Ruhe! Nicht ganz einfach, in diesem im Entstehen begriffenen Hamburger Stadtteil. Aus den Sitzpolstern bauen wir eine kleine Box, unser erstes improvisiertes Aufnahmestudio. Der Schauspieler Mervan Ürkmez liest für uns heute die Geschichte „Der Leviathan“, Joseph Roths letzte Novelle. Darin entflieht ein jüdischer Korallenhändler der Enge seines osteuropäischen Dorfes und wandert – wie so viele im 19. Jahrhundert – über den Hamburger Hafen nach Amerika aus. Die Weite des Ozeans wird ihm zum Verhängnis – oder zur Erlösung? Am Ende seiner Reise ist der Protagonist Nissen Piczenik vereint mit dem Leviathan, dem Herrscher über die Meere und Wächter der Korallen. Mervan nimmt uns mit in die Lebenswelt des osteuropäischen Dörfchens, in die Enge des sozialen Gefüges, in der schon geringe Veränderungen Ressentiments und Vorurteile aufblühen lassen.

Gelegentlich wird der vorlesende junge Schauspieler unsanft aus dem Fluss der Geschichte gerissen. Gegenüber des Hotels entsteht das Überseequartier, ein riesiges Bauprojekt, das Wohnen, Shopping, Kreuzfahrtterminal und Büroflächen vereint, eine kleine Stadt für sich. Die Baustelle rumpelt gelegentlich in die Aufnahme hinein, Mervan hält inne und setzt in der Ruhe wieder an.

Mit den Architekten unserer eigenen kleinen App-Baustelle, Sebastian und Holger von interkit, treffen wir uns über Zoom und sprechen darüber, wie wir unser Projekt THE GATE als App verwirklichen können. Wir haben sehr viele Ideen, aber zum Glück befindet sich unser Bauvorhaben ja im virtuellen Raum. Endlich können wir alles machen. Wir können in der Hüpfburg einen Cocktail trinken und dabei ein Buch lesen, denn hier sind alle physikalischen Gesetze aufgehoben. Sebastians gerunzelte Stirn verrät uns aber doch, dass es auch hier viele Grenzen gibt, dass auch das Erdachte eine Statik haben muss und jeder Schritt auch hier Handarbeit ist. In vielen Gesprächen verfeinert sich unser Gefühl dafür, was möglich und was sinnvoll ist, auch wenn wir hier immer noch am Anfang stehen.

Gleichzeitig versuchen wir eine User-Experience zu antizipieren, die sich nicht nur auf dem Smartphone abspielt und auf intuitive Buttons und Verknüpfungen abzielt, sondern sich zwischen der Erfahrung des Stadtraums, des eigenen Körpers, der Geschichten und Informationen aus der Audiothek und der Begegnung mit der Kunst aufspannt. Wie lange bleibt man stehen, hört man zu beim Gehen, im Sitzen, was gibt man vor, welche Freiheiten sollte man einschränken? Kuratieren wir Kunst und Routen oder Kunst und Gehörtes? Wer ist unser Publikum? Meistens sind wir darauf zurückgeworfen, uns selbst als Nutzer*innen zu imaginieren und zu hoffen, dass noch viele andere das gut finden. Aber dafür ist das Ganze ja eine Case Study und letztlich müssen sich analoge und digitale Bauvorhaben in eine unbekannte Zukunft hinein entwerfen.

  • Mehr Artikel

    10.05.23

    Die Möglichkeiten zur technologischen Erweiterung der Realität entwickeln sich in der heutigen Zeit rasant weiter. Zwei der vielversprechendsten Technologien der letzten Jahre sind Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR). Diese Technologien verändern die Art und Weise, wie wir die Welt um uns herum erleben, und eröffnen spannende und innovative Möglichkeiten sowohl .

    28.03.23

    Wie Künstliche Intelligenz in Form von Chatbots zunehmend Einzug in den Alltag hält, wurde bereits im vorherigen Beitrag „TechTalk: Chatbot“ behandelt. In diesem Beitrag geht es um die Teilbereiche Künstlicher Intelligenz und welche Chancen und Risiken KIs mit sich bringen. Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Bereich der Informatik, der darauf abzielt, intelligente .

    02.03.23

    Das vergangene Projekt des MGKSiegen in Kooperation mit der Künstlerin Florence Jung ist eine digitale Kunsterfahrung namens „Sam“, ein fiktionaler Charakter, der mit den Nutzer:innen via Chat in Kontakt tritt, Fragen stellt und durch unterschiedliche Antwortmöglichkeiten eine individuelle Story erzählt. Sam ist genau genommen ein Chatbot. Aber was genau ist eigentlich ein .

    01.02.23

    Für den Offene Welten Blog hat sich Aydin Coskun das aktuelle Projekt „Sam“ der Künstlerin Florence Jung und des MGKSiegen einmal näher angeschaut und berichtet über seine persönliche Erfahrung mit Sam, die ihn in einen emotionalen Strudel aus Sympathie, Neugier, Enttäuschung und Misstrauen zieht. Bereits seit einigen Tagen begegnen mir beim Schlendern .

    04.01.23

    Open-Source-Lizenzen sind eine Reihe von öffentlichen Lizenzen, die für Software verwendet werden, die im Rahmen eines Open-Source-Modells veröffentlicht wird. Diese Lizenzen erlauben es, Software frei zu verteilen, zu verändern und weiterzugeben. Open-Source-Lizenzen sind die heute am häufigsten verwendete Art von Softwarelizenzen, um die Zusammenarbeit, die Innovation und den Zugang zu Software für .

    02.12.22

    Die Künstlerin Florence Jung hat in Zusammenarbeit mit dem Museum für Gegenwartskunst Siegen, die digitale Kunsterfahrung “Sam” entwickelt. Die gleichnamige App “Sam” ist im Apple App-Store und im Google Playstore kostenlos zum Download verfügbar. Im Interview erzählt Florence Jung unter anderem, wer die fiktive Figur Sam ist, warum sie sich dafür entschieden .