Die Berliner Entwickler:innen Jennifer Aksu, Holger Heißmeyer und Sebastian Quack komplettieren als Digitalpartner das Team des institutionsübergreifenden Forschungsprojekts „Offene Welten“. Damit sind die letzten strukturellen Weichen gestellt, sodass das Museum für Gegenwartskunst Siegen, IMAGINE THE CITY Hamburg, die Kestner Gesellschaft Hannover und das Museum Marta Herford mit der praktischen Umsetzung einer digitalen Anwendung beginnen können. Das Projekt, das im Fonds Digital von der Kulturstiftung des Bundes über vier Jahre gefördert wird, wird mittels eines digitalen Parcours künstlerische Inszenierungen in den Stadtraum bringen.
interkit heißt die Idee für eine Anwendung, die der Digitalpartner in Kooperation mit den Berliner UX-Designern von Sansho Studio für den Verbund entwickeln wird. Das Ergebnis wird eine mobile App für Nutzer:innen und ein Redaktionssystem für die Projektpartner:innen vereinen. „interkit ist das Tool, das wir uns in ganz vielen digitalen Kulturprogrammen selbst gewünscht hätten. Unsere Vision ist es, die Anwendung zu einem universellen Werkzeug für die Gestaltung von interaktiven, web- und smartphonebasierten Kulturerlebnissen zu machen“, begründet das Entwicklerteam seine Beteiligung. Seit bereits zehn Jahren erarbeitet das interdisziplinäre Joint Venture um Jennifer Aksu, Holger Heißmeyer und Sebastian Quack gemeinsam spielerische, digitale Ideen für die Kunstszene. Neben ihrer Expertise stach das Trio im Vergabeprozess besonders durch ihre hohe Sensibilität für die Einbindung künstlerischer und kuratorischer Vermittlungsaspekte hervor. „Die Anwendung soll Begeisterung wecken für die Kunstproduktion unserer Zeit. Das Museum für Gegenwartskunst Siegen hat sich für die kommenden Jahre zum Ziel gesetzt, an dem Kunstmuseum für morgen zu arbeiten – ‚Offene Welten‘ leistet dazu einen wichtigen Beitrag“, berichtet Thomas Thiel, Direktor des MGKSiegen, von wo aus das Verbundprojekt koordiniert wird. „Das Museum der Zukunft wird immer weniger ein fester Ort sein“, ergänzt Roland Nachtigäller, Direktor des Museums Marta Herford. „Es ist ein offener Raum der Begegnung und Auseinandersetzung, im Gebäude, auf der Straße, digital. Insofern ist uns die enge Vernetzung zwischen Ausstellungsraum, Stadtraum und Vorstellungsraum ein zentrales Anliegen.“
In einem ersten Schritt entwickeln die beteiligten Institutionen in sogenannten Case Studies experimentelle Module, die künstlerische Projekte in das sie umgebende städtische Umfeld einbetten. Auf diese Weise sollen auch weniger Kulturaffine nur mit dem eigenen Smartphone ausgestattet eine Antwort auf die Frage finden, was Kunst mit ihrer individuellen Lebensrealität zu tun hat. „Der Ansatz von ‚Offene Welten‘ ist dem unseren sehr nah“, berichtet Ellen Blumenstein, Künstlerische Leiterin von IMAGINE THE CITY, das in Hamburg exemplarisch neue Formate an der Schnittstelle zur Stadtentwicklung konzipiert. „Die finale App soll Standorte und Projekte digital und inhaltlich vernetzen sowie den urbanen Raum imaginär aufladen.“ Bei der Entwicklung wird von bestehenden Nutzungsmustern digitaler Plattformen wie Maps, Spiele-Apps und Messenger-Diensten ausgegangen, um einen niederschwelligen Zugang zu gewährleisten.
In einem zweiten Schritt sollen die daraus gewonnenen Erfahrungen in eine institutionsübergreifende digitale Plattform auf Open-Source-Basis einfließen, auf der die einzelnen Module ortsunabhängig ausgetauscht werden können. „Wir möchten eine nachhaltige Anwendung entwickeln, die später von Kulturschaffenden aller Art übernommen, abgewandelt oder erweitert werden kann. Die öffentlichen finanziellen Mittel, mit deren Hilfe wir unsere Erkenntnisse gewinnen, sollen so schlussendlich wieder der Öffentlichkeit zugutekommen“, berichtet Elena Frickmann, die das Projekt seit August 2020 vom MGKSiegen aus häuserübergreifend koordiniert.
Das digitale Vorhaben wird darüber hinaus zum Anlass genommen, innerhalb der beteiligten Institutionen und im direkten Umfeld Kooperationen zu fördern. „Wir verstehen ‚Offene Welten‘ als Chance, gemeinsam mit unseren starken Partner:innen eine Innovation zu realisieren, die sowohl unsere Nachbar:innen auf lokaler Ebene beteiligt als auch die digitale Community begeistert. In diesem durch Corona ausgesprochen schwierigen Jahr zeigt sich, welche kreative Kraft in dem gemeinsamen Projekt liegt“, stellt Adam Budak, Direktor der Kestner Gesellschaft, fest. In der Tat erscheint das Projektziel, Kunst digital sichtbar und erlebbar zu machen, in den aktuellen Zeiten zentraler denn je. „Dass Museen und Institutionen mit technologischen Entwicklungen mitgehen müssen, war schon vor Corona wichtig. Was die aktuelle Situation aber zeigt ist, dass wir dringend Wege brauchen, kulturelle Erlebnisse auch ohne eine Eintrittskarte ins Museum erfahrbar zu machen“, erklärt Projektleiterin Elena Frickmann.
Seit Beginn des Jahres 2020 werden das MGKSiegen, IMAGINE THE CITY Hamburg, die Kestner Gesellschaft Hannover und das Museum Marta Herford im Fonds Digital des Programms Kultur Digital der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Die Jury des Fonds Digital wählte bundesweit 15 Vorhaben aus, die mit einem Gesamtvolumen von 13,18 Millionen Euro gefördert werden. Insgesamt werden 36 Kulturinstitutionen gefördert, darunter 28 Museen, fünf Theater, zwei Opernhäuser und eine Gedenkstätte.